Kooperation zwischen Lévay-Gymnasium Miskolc (Ungarn) und Melanchthon-Schule Steinatal (Deutschland)

Kooperation zwischen Lévay-Gymnasium Miskolc (Ungarn) und Melanchthon-Schule Steinatal (Deutschland)

Möglicherweise denken viele, wenn es um Ungarn und Deutschland geht, an das Finale der Fußball-Weltmeisterschaft von 1954. Am Lévay-Gymnasium in Miskolc (Ungarn) und an der Melanchthon-Schule Steinatal (Willingshausen, Hessen) ist dies anders.

Denn seit einigen Jahren gibt es eine gute Beziehung zwischen diesen beiden Schulen. Eine wichtige Verbindung besteht in der gemeinsamen diakonischen Ausrichtung, die immer wieder zu Projekten tätiger Nächstenliebe führt. So besuchten Ende letzten Jahres deutsche Schülerinnen und Schüler ihre ungarische Partnerschule. Dabei machten sich elf Schülerinnen und Schüler mit zwei Kleinbussen in Begleitung des Schulleiters und weiteren Lehrkräften auf die gut 1200km lange Reise, um eine Woche im ungarischen Miskolc diakonisch wirkend zu werden.

Gemeinsam gingen dann die ungarischen und deutschen Schülerinnen und Schüler ans Werk, den Spiel- und Theaterraum eines Kindergartens in der Stadt wieder herzurichten. Schon im Vorfeld wurde an der Melanchthon-Schule Steinatal dafür gesammelt und Spenden bei der evangelischen Schulstiftung und dem Träger der Schule, Evangelische Kirche von Kurhessen-Waldeck, erbeten. Im Gegenzug leisteten die Schülerinnen und Schüler aus Miskolc organisatorische Vorarbeiten, indem sie die Durchführung genau planten und notwendiges Material beschafften. An zwei arbeitsreichen Tagen könnte der Raum des Kindergartens durch die Schülerinnen und Schülern (unter fachkundiger Anleitung) wieder auf Vordermann gebracht werden. So wurden neben kleineren und größeren Sanierungsarbeiten Regale angebracht, eine Puppenbühne errichtet und zudem Handpuppen in Handarbeit hergestellt. Ganz nebenbei unternahmen es die Schülerinnen und Schüler Trinkbecher für Kinder des Kindergartens zu gestaltet und an diese dann zu verschenken. Der Höhepunkt bildete dann die Einweihung des neu eingerichteten Zimmers. Mit einer kleinen Puppentheateraufführung der Schülerinnen und Schüler, einer Andacht durch die zuständige Ortspfarrerin und einigen Liedbeiträgen der Kindergartenkinder auf Deutsch und Ungarisch konnte dann der modernisierte Spiel- und Theaterraum feierlich seinem Bestimmungszweck übergegeben werden.

Das gemeinsame Hilfsprojekt hatte natürlich auch den Gewinn, dass es zu freundschaftlichen und intensiven Begegnungen zwischen den Schülerinnen und Schülern der beiden Schulen, aber auch mit den Kindern der Kindertagesstätte kam. Während den gemeinsamen Mahlzeiten, der Betreuung und Begleitung von den jüngeren Kindern beim Mittagsschlaf, beim Spielen oder beim Lernen war ein Kennen lernen gut möglich. Immer wieder – vielleicht besonders im Umgang mit den Kindergartenkindern – merkte man, dass eine gemeinsame Sprache sicherlich auch verbinden kann, aber ein gemeinsames Ziel ermöglicht dies sofort. Verständigung und Anfreunden geht auch ohne eine gemeinsame Sprache.

Neben dem diakonischen Projekt im Kindergarten gab es für die deutschen Schülerinnen und Schüler auch Gelegenheiten, etwas von Ungarn und seiner Kultur mitzubekommen. So wurden regionale Sehenswürdigkeiten besucht, die Stadt Miskolc erkundet und ein „ungarischer“ Nachmittag erlebt. Hierbei wurde zunächst das imposante örtliche Heimatkundemuseum samt einer Trachtenausstellung besucht. Und nachdem später die Volkstanzgruppe des Lévay-Gymnasiums eine wunderschöne tänzerische Darbietung aufführte, wurden alle derart mitgerissen, dass letztendlich alle Schülerinnen und Schüler beider Schulen gemeinsam zu ungarisch-traditioneller Volksmusik tanzten.

Am letzten Tag dieser deutsch-ungarischen Begegnung stand ein Besuch von Ungarns Hauptstadt an. Zunächst besuchten alle Schülerinnen und Schüler das ungarische Parlament in Budapest. Der Höhepunkt war jedoch das Betrachten zweier handschriftlicher Autographen aus der Reformationszeit, welche im Besitz der lutherischen Kirche in Ungarn sind. Sorgfältig und bestaunend wurden eine Bibelübersetzung Martin Luthers und ein Brief Philipp Melanchthons, Namenspatron des hessischen Gymnasiums, angeschaut.

Vieles an Eindrücken und Erlebnissen bleibt nach solch einem Projekt natürlich im Bewusstsein. Aber vielleicht ist besonders bemerkenswert, wie schön es sich anfühlt, wenn völlig Fremde, die Kulturen und Sprachen trennen, binnen weniger Tage zu Freundinnen und Freunde werden können.

Im Sommer 2017 erwartet die Melanchthon-Schule ihre ungarischen Freundinnen und Freunde zu einem Gegenbesuch in Deutschland, in der hessischen Schwalm. Dann soll die Freundschaften gepflegt und vertieft werden und wieder ein diakonisches Projekt in einer Einrichtung der Region in Angriff genommen werden.

Zwischendurch arbeiten die beiden Schulen gemeinsam zum Thema Reformation. Denn in beiden Schulen ist ein Reformationswettbewerb ausgerufen worden. Hierbei können sich Einzelpersonen und Schülergruppen sämtlicher Altersstufen in kreativer Weise mit der Reformation oder Personen der Reformation auseinandersetzen. Beim selbstgewählten Thema ist fast alles denkbar: Historisches, Gegenwärtiges, Inhaltsreiches, Lustiges, Nachdenkliches, Regionales, Kritisches usw. Natürlich muss am Ende ein präsentables Ergebnis stehen – vielleicht ein Film, ein Kunstwerk oder ein PC-Spiel. Nur eine Bedingung ist beiden Schulen, dem Lévay-Gymnasium und dem Melanchthon-Schule Steinatal, auferlegt, dass nämlich der kleine Playmobil-Luther irgendwie, irgendwann und irgendwo in dem Exponat auftauchen muss.

Hier ist er, er kann nicht anders!

 

Beide Schulen sind gespannt, was sich die Schülerinnen und Schüler einfallen lassen. Gegenseitige Vorstellung bewusst nicht ausgeschlossen.

 

Das Projektteam von GPENreformation bedankt sich bei Dr. Uwe Schäfer für die Zusendung von Text und Bildern.