School and University

Viktoriaschule Aachen

This text is available only in the language in which it was sent to us.
Thank you for your understanding.

Gymnasium für Jungen und Mädchen in der Trägerschaft der Evangelischen Kirche im Rheinland.

Am 25. April 1870 begann für 34 Schülerinnen ihr erster Schultag in der „Evangelischen höheren Töchterschule“ und so kann die Viktoriaschule im Jahr 2015 ihren 145.Geburtstag feiern.
Die lange Geschichte, auf die unsere Schule zurückblickt, ist im Schulalltag heute sicherlich nicht sonderlich spürbar oder der Schulgemeinde bewusst, nicht einmal das heutige Gebäude erinnert in irgendeiner Weise an ein wilhelminisches Gymnasium, schon gar nicht an ein Mädchen-Gymnasium, gleichwohl verdient die eigene lange Geschichte im Schatten der in Aachen vergleichsweise übermächtigen Erinnerungskultur des Aachener Domes und der auf Gründungen Karls des Großen zurückgehendenden Schulen auch in noch so fortschrittlichen Zeiten Beachtung. Sich dieser Geschichte bewusst zu sein, dient nicht der formalen Traditionspflege, wohl aber der Erinnerung an Geist, Mut und Ideen der Gründer der jetzigen Viktoriaschule, und damit dazu, das eigene Denken und Handeln gründlich und kritisch zu überprüfen.
Im Schatten des Domes und seiner mächtigen katholischen Gemeinde errichtete vor über 135 Jahren die kleine Gemeinde evangelischer Aachener Bürger eine Schule, die der Bildung und Erziehung evangelischer Mädchen dienen sollte.
Damit begann eine Tradition und Geschichte in Aachen, die nicht im katholischen Rheinbund, geschweige denn in Aachen beheimatet war, vielmehr im fernen Preußen. Protestanten waren in Aachen nicht willkommen. Die Geschichte des Protestantismus in Aachen ist nach der Reformation bis zum Wiener Kongress nämlich von Verfolgung und Vertreibung geprägt, obwohl die Stadt den protestantischen Zuwanderern eine blühende Tuchindustrie und ein reiches Metallhandwerk verdankte.
Erst nach dem Wiener Kongress, als die Rheinprovinz Preußen zugeschlagen wurde, durften Protestanten in Aachen eine eigene Gemeinde gründen. Jahrzehnte lang hatten sie ihre Gottesdienste nur in dem angrenzenden niederländischen Vaals feiern können. Zehn Jahre nach der Gründung der preußischen Rheinprovinz und der Etablierung Aachens als Sitz des preußischen Regierungspräsidenten konnten die Aachener Protestanten ihren Superintendenten wählen.
Preußen, seine Bürger sind vorwiegend protestantisch und evangelisch, ein Staat, dessen Eliten sich den Forderungen der in der Reformation und dem Humanismus wurzelnden Aufklärung verpflichtet fühlten und sich den Möglichkeiten naturwissenschaftlicher Forschung und der Technik in Handwerk, Manufaktur und Industrie in besonderer Weise aufgeschlossen zeigten, setzte neue Impulse für die weitere Entwicklung der alten Kaiserstadt. Preußischer Liberalismus und Protestantismus führten in Aachen zur Gründung der Rheinisch Westfälischen Technischen Hochschule und im gleichen Jahr, und denselben Ideen verpflichtet, zur Gründung der Evangelischen höheren Töchterschule.
Mit der Anfrage an die preußische Kronprinzessin Victoria, Tochter der englischen Königin und Gattin des nachmaligen preußischen Königs und deutschen Kaiser Friedrich III., ob die Schule ihren Namen tragen dürfe, machten die Gründungswilligen deutlich, wo sie ihre geistigen, religiösen und politischen Wurzeln sahen. Victoria war im östlichen Teil Preußens, im Land der ostelbischen Junker nicht sonderlich beliebt; zu sehr war sie den liberalen Ideen des Vormärz verpflichtet, die sie und ihr Mann von ihrem deutschen Vater, Prinz Albert, übernommen hatte und ihnen ein Leben lang treu blieben. Victoria hat offenbar gerne den Wunsch der Aachener evangelischen Gemeinde angenommen, deren Schule ihren Namen zu geben. Sie ließ ihre Söhne „mit einem gründlichen Ekel und einer wahren Abscheu vor den verderblichen und lächerlichen Grundsätzen der Reaction“ erziehen. Und sie war bekannt für ihr „warmes Interesse für die Ausbildung, die Förderung und Hebung des eigenen Geschlechtes“, für Grundsätze und Ideen also, deren kritischer, liberaler, moderner Geist in anderem Gewande und unter veränderten Bedingungen die Viktoriaschule auch heute noch, auch in Diskurs und Konkurrenz mit elf weiteren staatlichen und privaten Gymnasien, drei Gesamtschulen und einigen weiteren berufsbildenden Schulen, auszeichnet und ihr einen wichtigen Platz in der Schullandschaft Aachens gibt.
Jedenfalls taten die Verantwortlichen der im Laufe der Zeit wechselnden Träger der Schule in Gemeinde, Kreis und Land gut daran, allen Zeitströmungen zum Trotz und in wachem Erinnern an Ideen und Geisteshaltung der ersten Schirmherrin diesen Namen der Schule bis heute nicht in Frage zu stellen.
(im Wesentlichen nach Dr. Matthias Opitz in: Schule und Kirche – Informationen zu Bildungs- und Erziehungsfragen 2005 – Heft 2)

Gymnasium für Jungen und Mädchen in der Trägerschaft der Evangelischen Kirche im Rheinland.

Am 25. April 1870 begann für 34 Schülerinnen ihr erster Schultag in der „Evangelischen höheren Töchterschule“ und so kann die Viktoriaschule im Jahr 2015 ihren 145.Geburtstag feiern.
Die lange Geschichte, auf die unsere Schule zurückblickt, ist im Schulalltag heute sicherlich nicht sonderlich spürbar oder der Schulgemeinde bewusst, nicht einmal das heutige Gebäude erinnert in irgendeiner Weise an ein wilhelminisches Gymnasium, schon gar nicht an ein Mädchen-Gymnasium, gleichwohl verdient die eigene lange Geschichte im Schatten der in Aachen vergleichsweise übermächtigen Erinnerungskultur des Aachener Domes und der auf Gründungen Karls des Großen zurückgehendenden Schulen auch in noch so fortschrittlichen Zeiten Beachtung. Sich dieser Geschichte bewusst zu sein, dient nicht der formalen Traditionspflege, wohl aber der Erinnerung an Geist, Mut und Ideen der Gründer der jetzigen Viktoriaschule, und damit dazu, das eigene Denken und Handeln gründlich und kritisch zu überprüfen.
Im Schatten des Domes und seiner mächtigen katholischen Gemeinde errichtete vor über 135 Jahren die kleine Gemeinde evangelischer Aachener Bürger eine Schule, die der Bildung und Erziehung evangelischer Mädchen dienen sollte.
Damit begann eine Tradition und Geschichte in Aachen, die nicht im katholischen Rheinbund, geschweige denn in Aachen beheimatet war, vielmehr im fernen Preußen. Protestanten waren in Aachen nicht willkommen. Die Geschichte des Protestantismus in Aachen ist nach der Reformation bis zum Wiener Kongress nämlich von Verfolgung und Vertreibung geprägt, obwohl die Stadt den protestantischen Zuwanderern eine blühende Tuchindustrie und ein reiches Metallhandwerk verdankte.
Erst nach dem Wiener Kongress, als die Rheinprovinz Preußen zugeschlagen wurde, durften Protestanten in Aachen eine eigene Gemeinde gründen. Jahrzehnte lang hatten sie ihre Gottesdienste nur in dem angrenzenden niederländischen Vaals feiern können. Zehn Jahre nach der Gründung der preußischen Rheinprovinz und der Etablierung Aachens als Sitz des preußischen Regierungspräsidenten konnten die Aachener Protestanten ihren Superintendenten wählen.
Preußen, seine Bürger sind vorwiegend protestantisch und evangelisch, ein Staat, dessen Eliten sich den Forderungen der in der Reformation und dem Humanismus wurzelnden Aufklärung verpflichtet fühlten und sich den Möglichkeiten naturwissenschaftlicher Forschung und der Technik in Handwerk, Manufaktur und Industrie in besonderer Weise aufgeschlossen zeigten, setzte neue Impulse für die weitere Entwicklung der alten Kaiserstadt. Preußischer Liberalismus und Protestantismus führten in Aachen zur Gründung der Rheinisch Westfälischen Technischen Hochschule und im gleichen Jahr, und denselben Ideen verpflichtet, zur Gründung der Evangelischen höheren Töchterschule.
Mit der Anfrage an die preußische Kronprinzessin Victoria, Tochter der englischen Königin und Gattin des nachmaligen preußischen Königs und deutschen Kaiser Friedrich III., ob die Schule ihren Namen tragen dürfe, machten die Gründungswilligen deutlich, wo sie ihre geistigen, religiösen und politischen Wurzeln sahen. Victoria war im östlichen Teil Preußens, im Land der ostelbischen Junker nicht sonderlich beliebt; zu sehr war sie den liberalen Ideen des Vormärz verpflichtet, die sie und ihr Mann von ihrem deutschen Vater, Prinz Albert, übernommen hatte und ihnen ein Leben lang treu blieben. Victoria hat offenbar gerne den Wunsch der Aachener evangelischen Gemeinde angenommen, deren Schule ihren Namen zu geben. Sie ließ ihre Söhne „mit einem gründlichen Ekel und einer wahren Abscheu vor den verderblichen und lächerlichen Grundsätzen der Reaction“ erziehen. Und sie war bekannt für ihr „warmes Interesse für die Ausbildung, die Förderung und Hebung des eigenen Geschlechtes“, für Grundsätze und Ideen also, deren kritischer, liberaler, moderner Geist in anderem Gewande und unter veränderten Bedingungen die Viktoriaschule auch heute noch, auch in Diskurs und Konkurrenz mit elf weiteren staatlichen und privaten Gymnasien, drei Gesamtschulen und einigen weiteren berufsbildenden Schulen, auszeichnet und ihr einen wichtigen Platz in der Schullandschaft Aachens gibt.
Jedenfalls taten die Verantwortlichen der im Laufe der Zeit wechselnden Träger der Schule in Gemeinde, Kreis und Land gut daran, allen Zeitströmungen zum Trotz und in wachem Erinnern an Ideen und Geisteshaltung der ersten Schirmherrin diesen Namen der Schule bis heute nicht in Frage zu stellen.
(im Wesentlichen nach Dr. Matthias Opitz in: Schule und Kirche – Informationen zu Bildungs- und Erziehungsfragen 2005 – Heft 2)