Bildung im Südsudan heute

Bildung im Südsudan heute

Zugang, Rehabilitation, Ausbildung und Frieden sind die Voraussetzungen für die ECSS-Ausbildung im Südsudan

Von Ende Dezember 2020 bis Mitte Februar 2021 hatte ich die Gelegenheit, zusammen mit den Bischöfen der Inneren Provinz Zentral-Äquatoria unter der Leitung des Erzbischofs S.E. Dr. Paulo Pitya Yugusuk die Gebiete von Yei und Morobo bis nach Panyana im Zentralstaat zu besuchen, insbesondere die abgelegenen Orte. Dieser Artikel basiert auf dieser Reise zu abgelegenen Orten in den Bezirken Morobo und Yei im Januar und Februar 2021 sowie auf weiteren Besuchen in anderen Teilen des Südsudans. Die besuchten Orte waren in den letzten fünf Jahren aufgrund der zahlreichen Konflikte nicht zugänglich. Die Reise diente dem Besuch von Seelsorgerinnen und Seelsorgern, der Bedarfsermittlung für mögliche Unterstützung durch soziale Dienste und Gesprächen mit den bewaffneten Diensten, um Zugang zu ermöglichen. Vier Bereiche werden in diesem Artikel hervorgehoben: Relevanz des Zugangs für die Bereitstellung sozialer Dienste; Notwendigkeit des Wiederaufbaus von Schulen, Gesundheitszentren und Unterkünften für Kirchenführende und Lehrkräfte; Mitglieder der Müttervereinigung, die zu Lehrkräften wurden; und die alarmierenden Viehdiebstähle als Bedrohung für Frieden und Koexistenz.

Zugang zu sozialen Diensten ist wichtig

Die Konflikte im Südsudan in den Jahren 2013 bis 2018 behinderten Reisen und den Zugang zu den ländlichen oder abgelegenen Gebieten für die Erbringung geistlicher oder sozialer Dienste. Die Bischöfe konnten die ländlichen Gemeinden nicht für Konfirmationsgottesdienste oder die Lizenzierung von Laienlesern oder anderen kirchlichen Diensten besuchen. Die Bildungskoordinatorinnen und -koordinatoren oder Schulinspektorinnen und -inspektoren waren nicht in der Lage, die Schulen zu besuchen. Das mobile Klinikteam (siehe Foto im Anhang), z.B. im Martha Health Centre in Yei, war frustriert, da die Einsätze abgesagt wurden. Die medizinische Versorgung war ausschließlich auf Städte begrenzt. Mit etwas Glück konnten die Menschen aus den Dörfern heimlich in die Städte kommen, um dort die Dienste in Anspruch zu nehmen und anschließend zurückreisen. Wenn die Streitkräfte sie jedoch abgefangen hätten, wäre das Risiko hoch gewesen, dass sie als politische Spione eingeordnet worden wäre. Dies hätte zu Folter oder Tod führen können; je nach Tageslaune.

Notwendigkeit des Wiederaufbaus von Schulen, Gesundheitszentren und Unterkünften für Kirchenführende und Lehrkräfte

Auf der Reise von Yei in die Gebiete Morobo und Panyana war es eine Qual zu sehen, wie die Investitionen in Schulen, Gesundheitszentren und Unterkünfte niedergegangen waren; Eltern, Gemeinden, Partnerinnen und Partner hatten sich für das Ziel der Menschlichkeit zusammengetan, um Bildung und Lernen zu verbessern. In Morobo zum Beispiel war die Schule eine Ruine. Sie benötigt dringend ein neues Dach und eine Reinigung der Umgebung, um weitere Brände zu vermeiden, besonders in der Trockenzeit von Dezember bis März. Unser Besuch der Kirchen und Schulen war eine Inspiration für die lokale Gemeinschaft. Wir hatten ihnen nichts in Naturalien zu bieten, nur Gebete und Beratung. Ein Teil dieser Gemeinde ist wegen der Unsicherheit nach Uganda und Kongo geflüchtet. Nach der Unterzeichnung des revitalisierten Abkommens im Jahr 2018 gab es einige Rückkehrende, die wieder nach Hause kamen und die dringend Lebensmittel und die Befriedigung anderer Grundbedürfnisse benötigen. Wir waren überrascht, dass wir in den abgelegenen Gebieten so viele Menschen trafen, darunter auch Kinder und gefährdete Mütter. Diese Kinder waren zu Hunderten und sie halten ihren Glauben an Bildung aufrecht, denn es gibt dort eine Müttervereinigung, die sich aufopfert, um allen Kindern Lesen, Schreiben und Rechnen beizubringen. Die Mütter träumen davon, dass bald dauerhafter Frieden eintritt, damit ein öffentliches Bildungssystem wiederaufgebaut und dort übernehmen kann, wo sie sich aktuell einsetzen.

Mitglieder der Müttervereinigung wurden zu Lehrkräften

Die Mitglieder der Müttergewerkschaft nehmen die Rolle der Lehrerinnen sowie der Ernährerinnen der Familien ein. Die meisten Männer sind untergetaucht, weil sie Angst haben, vom Militär eingezogen zu werden.

Im Lernprozess werden die Kirchen als Klassenräume genutzt: Eine Klasse befindet sich zum Beispiel im unteren Bereich am Eingang der Kirche und eine andere im oberen Bereich in der Nähe des Altars. Das birgt auch Herausforderungen, denn wenn eine Klasse anfängt zu spielen, werden auch die Schülerinnen und Schüler der anderen Klassen abgelenkt. Darüber hinaus sind die Mütter nicht für ihre Tätigkeit als Lehrerinnen ausgebildet und verfügen nicht über die relevanten pädagogischen und didaktischen Kenntnisse – ganz besonders vor diesem Hintergrund sind ihre Bemühungen zu würdigen. Zusätzlich bedrohen bewaffnete Personen den friedlichen und konzentrierten Unterricht; und es gibt viele Waffen, die vom Militär und von Zivilisten mitgetragen werden. Es bedroht die Gemeinden, jetzt und in Zukunft nicht glücklich leben zu können, wenn die Waffen nicht eingesammelt werden oder die Entwaffnung nicht angemessen durchgeführt wird. Die Lehrkräfte, die vor den Konflikten unterrichteten, verließen die Schulen, wurden vom Militär eingezogen oder verloren ihr Leben. Es ist also eine Lehrerausbildung erforderlich, um neue Kader von ausgebildeten Lehrkräften in das System zu bringen, da die Nachfrage hoch ist.

Heute sind wir im Südsudan traurig darüber, dass die Schülerinnen und Schülern in den abgelegenen Orten über 50% und damit die Mehrheit ausmachen, die von Bildungsangeboten und anderen Dienstleistungen abgeschnitten sind. Es bedarf einer ernsthaften “Back to School”-Kampagne, wenn das Land seine Schülerzahlen verbessern will. Die Kirchen, einschließlich der Episcopal Church of South Sudan (ECSS), sind eine der wichtigsten Plattformen, die sich an der Bildungskampagne beteiligen könnten, so wie sie es während des Referendums im Jahr 2011 getan haben. Die Mobilisierung sollte die Aspekte Bildung, Friedensbildung und Gesundheit berücksichtigen. Neben der Wiederbelebung des Friedensabkommens für den Aufbau eines nachhaltigen Friedens, erreichen die Viehdiebstähle, zum Beispiel in Terekeka County, Jonglei State, Warrap, Lakes States unter anderem, ihren Höhepunkt, ebenso wie die zweite Welle von COVID-19, die dringend Aufmerksamkeit benötigt.

Zunehmende Viehdiebstähle als eine Bedrohung für den Frieden

Viehdiebstähle werden hauptsächlich von politischen Motiven beeinflusst, um eine Bevölkerung aus persönlichem Interesse zu vertreiben. Zudem ist die Zahlung von hohen Brautpreisen bei Eheschließungen ein Hauptauslöser für Viehdiebstähle geworden. Die meisten Eltern neigen dazu, einen hohen Brautpreis für die Heirat ihrer Töchter zu verlangen, weil sie die Mädchen als ihre Hauptquelle des Reichtums betrachten. Einige Jugendliche sind aufgrund des andauernden Konflikts Waisen, und so greifen sie auf Viehdiebstahl als schnelle Möglichkeit, um zu Reichtum zu gelangen, zurück. Um diese Kriminalität zu bekämpfen, bedarf es harter Arbeit, um die Menschen zu sensibilisieren, damit sie die Vorteile der Viehhaltung besser verstehen, einschließlich des Haltens der Tiere, um ihren Lebensunterhalt zu sichern. Allerdings haben die Viehdiebstähle enorme negative Auswirkungen, wie die massiven Vertreibungen zeigen. Dies verursacht ein Trauma bei der Bevölkerung, das Beratung und Betreuung erfordert.

Die Koordinatorin der ECSS-Müttervereinigung, Mama Harriet Baka, hat die Traumaheilung als eine ihrer Säulen integriert. Sie hat vor Ort festgestellt, dass ein Großteil der Bevölkerung, vor allem die Müttervereinigung, die an der Basis tätig ist, sehr stark traumatisiert ist. Traumaheilung ist eine nützliche Komponente, die auch in Schulen benötigt wird, da Lehrkräfte, Schülerinnen und Schüler unter demselben leiden. Diese Bemühungen erfordern Materialien, Ressourcen und Unterstützung, um sie auf die bedürftigsten und vorrangigen Gebiete auszuweiten.

Bildung ist für die neue Generation im Südsudan von größter Bedeutung. Einige der Probleme und Herausforderungen sind durch die Gefahren des Analphabetismus entstanden. Daher ist das IMPEQ-Programm ein nützlicher Beitrag zur Ausbildung von Bildungsbeamten aus dem Südsudan, die an vorderster Front bei der Verwaltung von Bildungsaktivitäten stehen. Ich bin dankbar zu erwähnen, dass die südsudanesischen IMPEQ-Studenten und der neue Jahrgang ein Teil dieses wichtigen Kampfes sind.

 

 

Geschrieben von Lubari Stephen Elioba

Leiter des Bildungsprogramms
Bischöfliche Kirche des Südsudan,
Abteilung für Bildung und Ausbildung
Juba, Fastenzeit 2021