Afrika: Die Complexe Scolaire SEAMAN in der DR Kongo

KONFLIKTE UND FRIEDEN IM PROTESTANTISCHEN SCHULUMFELD: DER FALL DER COMPLEXE SCOLAIRE SEAMAN IN GOMA, NORDKIVU-PROVINZ, IN DER DR KONGO

Die Complexe Scolaire SEAMAN ist eine private Schule christlicher und protestantischer Konfession. Unsere Schule ist weltoffen und empfängt Menschen aus der ganzen Stadt Goma. Im Osten vom Militärlager MUNZENZE, im Bezirk MURARA gelegen, empfängt SEAMAN eine große Anzahl von Kindern des Militärs und der Polizei, außerdem von Zivilisten. In unserer Schule befinden wir uns in Gruppen von Kindern mit einer anderen Mentalität. Und das erspart uns nicht, Konflikte zu erleben, die wir oft nicht vermeiden können. In den folgenden Abschnitten schildern wir kurz einige der Konflikte und Ereignisse, die unsere Schule seit Beginn dieses Schuljahres 2018-2019 erlebt hat und zeigen, wie wir diese Konflikte für den Frieden gelöst haben.

Am Samstag, den 27. Oktober 2018 führten die Behörden der Complexe Scolaire SEAMAN die Sprecher der Schülerschaft dieser Schule ein, wie vom Ministerium für Grundschule, Sekundarstufe und Berufsbildung der DR Kongo empfohlen. Diese Einführung fand natürlich demokratisch statt, nämlich in Form einer Wahl des Schülerpräsidenten. Jedoch war es auch Aufgabe der vorherigen Sprecher, eine neue Schülerregierung zu bilden, ihren Vizepräsidenten und die Minister in verschiedenen Bereichen zu ernennen, um die bisherigen zu ersetzen und die Schule während dieses Zweijahreszeitraums 2018-2019 zu leiten.

Tatsächlich ging einer der Kandidaten, der bei der Wahl des Studentenpräsidenten gescheitert war, nachdem er die Ergebnisse der Wahlurnen nicht akzeptiert hatte, los, um seine Freunde, von denen die meisten Kinder von Polizisten und Soldaten aus dem Lager MUNZENZE waren, für eine heftige Revolution zu gewinnen. Während sich die Schülerinnen und Schüler bereits auf die Amtseinführung ihrer Regierung vorbereiteten, indem sie Volkstänze, die Modenschau, Theater für Frieden und Konflikt, Gedichte, Akrobatikspiele, kongolesische Tänze usw. organisierten, kamen der Schüler und seine Komplizen, angetrieben von Wut und Eifersucht, um die öffentliche Ordnung zu stören. Sie begannen mit Steinen zu werfen und verletzten einen Schüler, den wir behandeln lassen mussten. Es bedurfte der Intervention der Polizei und der Schulbrigadiere, um die Situation zu beruhigen. Mit Gottes Hilfe fand die Einführungsveranstaltung dennoch statt, und das in Anwesenheit vieler Eltern, Schülerinnen und Schüler.

Nach der Veranstaltung sorgte die Schule dafür, dass die Eltern dieser Schüler eingeladen wurden. Aus disziplinarischen Gründen und in Übereinstimmung mit der Bibel in 2. Timotheus 4,2 wurden die Schüler von der Disziplinarkommission angehört. Nach einer Analyse wurde der verantwortliche Gruppenleiter wegen Ordnung und Disziplin endgültig von der Schule ausgeschlossen. Auch, um zu verhindern, dass sich so etwas wiederholt. Alle Schülerinnen und Schüler wurden als Warnung über diese Entscheidung informiert.

Während eines Grußwortes wurde später außerdem vom Professor des Kurses für Bürger- und Moralpädagogik eine wichtige Lehre erteilt, um den Schülerinnen und Schülern verständlich zu machen, dass ein demokratisches System von allen akzeptiert werden muss. In einem demokratischen Land, in dem Wahlen nicht so enden, wie man es sich selbst wünscht, muss man respektieren, dass die Mehrheitsentscheidung vorherrscht und dies keinen Konflikt darstellen darf.

Um das Fass zum Überlaufen zu bringen, trug am nächsten Tag ein anderer Schüler der gleichen Gruppe seinen Hut in der Klasse und verletzte damit die Schulordnung. Der Lehrer konfisziert sie. Daraufhin wartete der Schüler später mit einer kaputten Glasflasche auf ihn, verletzten den Lehrer damit am Unterarm und floh an einen unbekannten Ort. Wir haben die kongolesische Nationalpolizei über diese Situation informiert, die nach ihm suchte, ihn aber nicht finden konnte. Deshalb wurden die Eltern des Schülers verhaftet, um ihn schneller zu fassen. Da sie selber Opfer des von ihrem Kind verursachten Schadens waren, sah es unsere Schulseelsorge als notwendig, einzugreifen und konnte sie nach 48 Stunden Haft freilassen. Das Kind bis heute verschwunden. Dies hat zu einem nachhaltigen Konflikt zwischen Lehrern und Schülern geführt.

Um diesen Konflikt endlich zu lösen, luden wir die Eltern des Schülers zu einem Interview mit den Lehrern des Seelsorgedienstes der Schule ein. Es wurde ihnen nahegelegt, die medizinische Versorgung des Opfers zu übernehmen. Was den Schüler betrifft, so forderte ihn der Seelsorgedienst durch den Bibeltext in 2. Timotheus 2,3-4; 3,2-8 zu Demut und Toleranz auf. Im Rahmen der Friedenspflege in unserer Schule organisiert die Kaplanei seitdem jeden Samstag einen Gottesdienst, bei dem das Lehrpersonal und die Schülerinnen und Schüler von 7:30 bis 19:30 Uhr zusammenkommen. In seiner Predigt im Samstagsgottesdienst, der auf dieses Ereignis folgte, rief der Kaplan den Text von Matthäus 18, 15-17 in Erinnerung: “Wenn dein Bruder sündigt, dann geh zu ihm und weise ihn unter vier Augen zurecht. Hört er auf dich, so hast du deinen Bruder zurückgewonnen. Hört er aber nicht auf dich, dann nimm einen oder zwei Männer mit, denn jede Sache muss durch die Aussage von zwei oder drei Zeugen entschieden werden. Hört er auch auf sie nicht, dann sag es der Gemeinde. Hört er aber auch auf die Gemeinde nicht, dann sei er für dich wie ein Heide oder ein Zöllner.”

Wir sind stolz darauf, dass Gott uns Gnade geschenkt hat: Einer unserer Pastoralkaplane, der von unserer Kirche für ein Theologiestudium an der Université Libre des Pays des Grands Lacs empfohlen wurde, hat gerade sein zweites Jahr des Bachelorstudiums abgeschlossen, nachdem er seine Abschlussarbeit zum Thema “Der Beitrag der Kirche zur Lösung sozioethnischer Konflikte in der Demokratischen Republik Kongo” öffentlich verteidigt hat. Derzeit ist er Berater in einer Nichtregierungsorganisation im Bereich “Heilung und Versöhnung”. Er plant eine Promotion auf dem Gebiet der Konfliktlösung als seinen Beitrag zur Friedenssicherung in der Region der Großen Seen. Da die Mittel fehlen, suchen wir nach finanzieller Unterstützung, um dieses Ziel zu erreichen.


Dieser Text wurde von Ushindi Kichekele, der Kommunikationsbeauftragten der Complexe Scolaire SEAMAN verfasst.